Dienstag, 18. Oktober 2011


Part 3: Die Liebe zu den Daten

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Können uns Daten wirklich zeigen welche Beziehungen erfolgreich sind? Diese Frage stellte sich mir, als mir mein Bruder von einem Experiment erzählte, bei dem die Attraktivität gemessen wurde. 
Man hat als Mensch verschiedene Vorstellungen und Meinungen, wieso Beziehungen lange halten oder eben nicht. Die einen bewerten eine Beziehung nach gemeinsamen Aktivitäten, optischer Kompatibilität und Zukunftsplänen. Datenerfasser und Wissenschaftler hingegen betrachten die messbaren Aspekte einer Beziehung. Worauf basiert die Beziehung wirklich? Um darauf eingehen zu können, müssen wir zuerst einige neue Erkenntnisse in diesem Bereich anschauen.

Interessant ist, dass die Hormone bei beiden Geschlechtern erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen und das Verhalten in spezifischen Situationen haben. Wir sind wortwörtlich nicht mehr Herr über unser Sozialverhalten. Was wir also tun und nicht, ist abhängig von unserem Testosteron oder Östrogen Spiegel. US-Wissenschaftler an der Universität von Texas in Austin haben herausgefunden, dass die Attraktivität bei Frauen vom Sexualhormon Östradiol abhängt. Ein hoher Wert führt zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eine Affäre einzugehen. Gleichzeitig erhöht es aber auch die Anzahl an festen Partnern die Frau in ihrem Leben hat. Physiologische Abläufe im Körper der Frau steuern den Erfolg einer Beziehung also mehr, als es der Gesellschaft bewusst ist.

Beim Mann beeinflusst das Testosteron die grundsätzliche Entwicklung vom Kind bis zum ausgewachsenen Erwachsenen. Bei einer Studie mit Tieren wurden deutliches Imponiergehabe, Kampfgehabe und Begattungsdrang festgestellt. Dies kann aber nicht direkt in Verbindung mit dem Menschen gebracht werden, da eine andere Studie von der Universität Zürich und London bei der Zugabe von Testosteron bei der Frau zu mehr Fairness führte. Wie die Zugabe von Östrogen in einem Selbstversuch bei einem Engländer zu viel besserem Sozialverhalten und Modebewusstsein führte.

Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass beide Geschlechter stark beeinflusst sind durch den prozentualen Anteil der Sexualhormone im Körper. Die Wissenschaft kann also von dem Standpunkt ausgehend alle nötigen Daten und Variablen erfassen um sie in Verbindung mit unserem Hormonhaushalt zu bringen.
Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück, dem erwähnten Experiment das die Attraktivität in verschiedenen Situationen misst. Lange dachte man die Symmetrie von Körper/Gesicht sei der einzig ausschlaggebende Grund war, damit wir diesen Menschen als attraktiv einstufen und uns auch eine Beziehung und Kontakt vorstellen können. Natürlich ist ein symmetrisches Gesicht von Vorteil und spricht von „guten Genen“. Doch wieso gibt es so viele Beziehungen die in die Brüche gehen? Die Antwort lautet: Die Ausgangssituation einer Beziehung.

Zum einen können hormonelle Veränderungen des Körpers uns eine falsche Partnerwahl treffen lassen, besonders wenn sie wie bei der Frau durch die Pille bedingt sind, oder beim Mann bei Einnahme von Medikamenten die ebenfalls die Hormone durcheinander bringen. Das Brückenexperiment der Wissenschaftler ging aber noch in eine ganz andere Richtung. Sie liessen unterschiedliche Gruppen von Probanden eine Schlucht überqueren. Die erste Gruppe ging einfach über die Brücke aus Beton. Sie füllten danach einen Fragebogen aus und bekamen von der Assistentin eine Visitenkarte mit ihrer Nummer.  Im Nachhinein wurden sie befragt, ob sie diese anrufen würden. Die gleiche Befragung geschah mit der Gruppe zwei, mit dem Unterschied das sie die Schlucht über eine wackelige Hängebrücke überqueren mussten. Das steigerte verschiedene Werte innerhalb des Körpers und veränderte ihre Wahrnehmung. Angst und gesteigerte Emotionalität, sowie ein schwer gesteigerter chemischer Vorgang im Körper. Diese Gruppe bewertete die Assistentin viel attraktiver und über 50 Prozent davon hätte sie angerufen. Hingegen die erste Gruppe, welche nur über die Brücke laufen musste, befand diese nur vermindert attraktiv. Bei dieser Gruppe hätten sie nur 12 angerufen. Die sportliche Aktivität der Teilnehmer hatte also zu einer veränderten Wahrnehmung der Attraktivität geführt.


Bei einem anderen Experiment führte der US Psychologe Arthur Aron 1991 ein weiteres dieser Experimente durch. Eine Studentin und ein Student die sich noch nie gesehen hatten, wurden für 90 Minuten in einen Raum gesteckt. Sie sollten sich intime Dinge erzählen, den peinlichsten Moment im Leben oder was sie bei einem Todesfall empfinden würden. Nach diesen 90 Minuten sollten sie sich still 2 Minuten lang in die Augen sehen. Danach haben sie den Raum durch unterschiedliche Ausgänge verlassen müssen. Ohne Aussicht auf ein Wiedersehen. Nach 6 Monaten waren diese ersten zwei Probanden miteinander verheiratet. Es scheint das die sogenannte "Liebe" stark beeinflussbar ist. Deswegen kommt es auch so häufig zum Beziehungsende, weil die Chemie stärker war, als die Logik. 


Grundlegende Fragen in der Beziehung wie Zielvorstellungen und Lebensträume werden zu spät oder gar nicht angesprochen. Bestes Beispiel ist das Thema Kinderwunsch. Viele Paare haben unterschiedliche Vorstellungen, verzichten aber lange wegen der Harmonie dieses Thema konkret anzusprechen. Wieso hat man Angst etwas anzusprechen, das für einem selber so wichtig ist? Dies geschieht meist dann, wenn wir die Reaktion des Partners nicht abschätzen können. Je stärker die Angst, desto weniger kennt man in der Regel seinen Partner oder hat eine Vorahnung wie dessen Ziele aussehen. Die Angst kommt folglich auch daher, das man im Laufe der Zeit andere Pläne hat. Wo vorher kein Kinderwunsch war, taucht dieser mit den Jahren vielleicht doch auf.


Wir sind dementsprechend mit Menschen zusammen die uns auf chemischer Ebene ansprechen, aber nicht den gleichen Lebensinhalt wollen? Durchaus ein möglicher Zustand. Eine Partnerschaft die halten soll, braucht deswegen die vollkommene Intimität in Beziehungsfragen. Wo Ängste sind, finden sich meistens auch Gründe dafür wie diese entstanden sind. Ungeklärte Konflikte führen früher oder später zum Ende der Zweisamkeit. Sie verstärken sich und nehmen an Komplexität zu, bis sie unlösbar erscheinen. 

Daten zeigen die nüchterne Seite des Lebens und wieso Beziehungen schon unter falschen Voraussetzungen beginnen. Wo lernt man seinen Partner kennen? Mehrheitlich beim Sport, Beruf oder bei einer Tätigkeit die einem in aussergewöhnliche Zustände versetzt.
Wer sich dementsprechend unter neutralen Bedingungen trifft, ausserhalb von Sport, Beruf, Kino und Discobesuch, hat eine viel höhere Chance die wahre Einschätzung des Gegenübers zu erhalten was die Attraktivität angeht. Wenn es nicht die Situation ist, sondern der andere Mensch der den eigenen Körper verrücktspielen lässt, ist man auf dem besten Weg.

Spätestens an diesem Punkt kommt die Symmetrie der Dinge, die Gemeinsamkeiten und Zielvorstellungen im Leben wieder zum Zug. 

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